Nach einigen Schicksalsschlägen ist Boris Guentel auf den Rollstuhl angewiesen. Der ehemalige Reha-Techniker und Sportler nimmt den Kampf auf und erkämpft ein Handbike, was ihn zu neuer Leistung beflügelt.
Mit einem Unfall fing es an, berichtet Boris Guentel in „Auf geht‘ s – der Reha-Podcast!“. 1993 war der ehemalige Reha-Technikerunverschuldet in einen Autounfall verwickelt und konnte seinen Beruf zwar noch ausüben, war aber bereits in der Bewegung eingeschränkt. Es folgte 1998 ein mehrfacher beidseitiger Pneumothorax, der die behandelnden Ärzte zu einer niederschmetternden Diagnose bewog, und 2004 schließlich ein Schlaganfall.
Nach diesen Schicksalsschlägen war Boris Guentel endgültig auf den Rollstuhl angewiesen. Schon nach seinem Krankenhausaufenthalt aufgrund der lebensbedrohlichen Lungenproblematik war er auf Hilfe angewiesen, gab jedoch nicht auf. Der Schlaganfall 2004 bedeutete jedoch das endgültige berufliche Aus und warf ihn zunächst auch persönlich zurück: Er war vollends auf den Rollstuhl angewiesen und hatte mit weiteren Folgen zu kämpfen, von welchen heute „nur“ noch gelegentliche Sprachfindungsstörungen und einige Erinnerungslücken geblieben sind, wie er anschaulich erzählt.
Boris Guentel, der vor seinem Unfall als Sportler aktiv war, musste lernen, sich mit dem neuen Gefährt zurechtzufinden und erlebte am eigenen Leib, mit welchen Hindernissen Behinderte im Alltag konfrontiert werden. Obwohl er nicht aufgab, geriet er 2014 endgültig an seine Grenzen und bemerkte einen zunehmenden gesundheitlichen Verfall. Die manuelle Fortbewegung führte zu starken Schmerzen, denen er nur mit Medikamenten begegnen konnte. Aufgrund seiner Kraftlosigkeit fiel er schließlich einfach aus dem Rollstuhl und blieb hilflos liegen.
Um dieser Situation und einem weiteren drastischen Verfall zu entkommen, beantragte er ein Handbike, das vom Kostenträger zunächst abgelehnt wurde. Erneut nahm er den Kampf auf, mobilisierte die letzten Kraftreserven und setzte sein Recht auf Gesundheit durch – das Rollstuhlzuggerät wurde einige Monate später bewilligt. Er nutzte seine neue Gelegenheit zu körperlicher Bewegung und legte bereits am ersten Tag elf Kilometer zurück.
Für ihn war klar: Sollte er in dem Training mit dem Handbike gesundheitliche Verbesserung sehen, würde er noch einmal etwas ganz Großes machen. Dieser Gedanke reifte: Am 8. August 2015, nach monatelangem Training und vielen organisatorischen Vorbereitungen, legte er mit dem Handbike ohne Unterbrechung über 300 Kilometer von Cloppenburg nach Kappeln an der Schlei zurück. Damit stellte Boris Guentel einen neuen Rekord auf.
Diese Aktion und natürlich der Erfolg erregte einige öffentliche Aufmerksamkeit und Boris Guentel weiß, dass dies nicht seine letzte Höchstleistung war – schon im August 2016 ist ein neuer Rekordversuch geplant. Diesmal sollen es mehr als 1.000 Kilometer mit seinem neuen Liegebike werden, begleitet von Rennradfahrern und streckenweise von anderen Behinderten mit ihren Handbikes. So motiviert Boris Guentel nicht nur sich selbst, sondern auch andere. Insbesondere für Behinderte setzt er sich ein. Er war lange Vorsitzender des Behindertenbeirats in Cloppenburg, eines seiner Hauptanliegen ist Barrierefreiheit. Zur Unterstützung Behinderter leitet er außerdem mehrere Projekte.
„Ich bin mein eigener Motivator“, resümiert Boris Guentel den Umgang mit seiner Behinderung.
Kurzinfo
Der „Auf geht’s ̶ der Reha-Podcast!“ ist kostenlos und erscheint seit Anfang 2014 jeden zweiten Dienstag. Mittlerweile zählt er schon zu den meistgehörten Podcasts dieser Thematik. Alle Folgen lassen sich über www.rehapodcast.de, iTunes, Podster und Podcast.de einfach abonnieren und herunterladen. Autor ist einer der ersten Reha-Coaches Deutschlands, Jörg Dommershausen, der diese Plattform für Unfallopfer, deren Angehörige, Rechtsanwälte und Versicherer geschaffen hat, um allen Beteiligten nützliche Informationen zu geben.
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