Es ist schon manchmal sehr erstaunlich, wie Sozialversicherungsträger ihre Entscheidungen treffen. Ein Klient von rehamanagement-Nord hat eine schwere Verletzung der unteren Extremitäten. Bisher war er in der Industrie tätig und musste schwere Gewichte ziehen, schieben und tragen. Dies ist ihm zukünftig nicht mehr möglich. Darüber hinaus beinhaltete die Tätigkeit auch das ganztägige Stehen und Gehen und die Bewältigung von Treppen und Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen in Maschinen.
Aufgrund der Unfallfolgen war klar, dass die ehemalige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann. In einem langen Gespräch bestätigte dies auch der Arbeitgeber. Für das Unfallopfer bedeutete dies, eine neue berufliche Zukunft und Perspektive aufzubauen. Dies ging einher mit vielen Ängsten. Denn in Ungewissheit zu leben, nachdem vor dem Unfall doch alles in bester Ordnung war, ist nicht einfach.
Bei bestehender Schwerbehinderung signalisierte der Arbeitgeber, dass nach einer innerbetrieblichen Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz gesucht werden muss. Denn die Leistungen aus der Berufsbiografie und die jetzt bestehenden unfallbedingten körperlichen Einschränkungen beinhalten gleichzeitig eine Einschränkung der beruflichen Neuorientierung im Unternehmen.
Hier gehen viele Kostenträger immer davon aus, dass gerade große Unternehmen viele Umsetzungsmöglichkeiten haben müssten. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn zum einen muss die richtige Stelle für die richtige Person vorhanden sein.
Zeit, eine Inventur durchzuführen, welche Möglichkeiten bestehen. Was eine Inventur im Bereich der Rehabilitation ist, wurde ja im Buch „Auf geht’s – hab Mut!“ beschrieben.
Der Leistungsantrag beim Rentenversicherungsträger wurde gestellt. Rasch erhielt das Unfallopfer eine Ablehnung. Zunächst wurden alle Punkte aufgeführt, unter denen der Rentenversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt. Alle Voraussetzungen wurden zu 100 % erfüllt. Mit einem lapidaren Satz wurde festgestellt, dass die ehemalige Tätigkeit wieder ausgeübt werden kann.
Konkrete Ermittlungen hatte der Rentenversicherungsträger allerdings nicht durchgeführt.
Seit sich der Sache gemeinsam noch einmal anzunehmen. Gemeinsam wurde ein Widerspruch gegen die Entscheidung mit dem betroffenen Unfallopfer formuliert. Wichtig ist dabei, dass Fristen einzuhalten sind, wenn ein Verwaltungsakt von einem Sozialversicherungsträger geschickt wird. Diese Frist hatte das Unfallopfer fast verstreichen lassen.
Im Widerspruch wurde die Tätigkeit, die ehemals ausgeführt wurde, noch einmal detailgenau beschrieben. Die weitere rechtliche Begleitung muss durch einen entsprechenden Dienstleister, zum Beispiel dem Sozialverband VdK oder einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt mit Erfahrungen im Sozialversicherungsrecht erfolgen.
Viele Haftpflichtversicherungen wünschen, dass die primäre Kostenträgerschaft der Sozialversicherung weiter Bestand hat und lediglich eine sekundäre Kostenträgerschaft der Haftpflichtversicherung besteht. Dies vereinfacht nicht zwingend den Begleitungsprozess, weil damit auch zeitliche Hemmnisse aufgebaut werden. Diese führen dann zu Frust und Demotivation bei den Betroffenen.
Für Unfallopfer ist wichtig dran zu bleiben. Nach dem 3. Teilhabebericht der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wird ein Großteil der Widersprüche positiv für die Betroffenen entschieden. Diejenigen, die sich nicht wehren gehen leer aus. Böses denkt, wer dahinter eine Strategie bei Sozialversicherungsträgern vermutet.