„Herr Dommershausen, ich habe nach einem schweren Unfall den Schwerbehindertenantrag gestellt. Das Amt hat das aber nicht anerkannt. Nur einen Grad der Behinderung von 20 will man mir geben ……“ erklärt mir mein Klient Herr Meier im Erstgespräch.
Ja, das kann vorkommen. Als Betroffener sieht man sich anders als Behörden. Das ist ja auch klar! Jeden Tag verspürt man die Unfallfolgen und die Lebenseinschränkungen. Das passt dann nicht gefühlt immer zusammen. Dabei werden einige Dinge oft miteinander verbunden, die gar nicht zusammengehören. Und jede Feststellung des GdB muss richtig sein. Ganz konkret bei Herrn Meier wurden viele Unfallfolgen gar nicht berücksichtigt.
Mein Rat an Herrn Meier: „Gehen Sie zum Sozialverband VdK, der kann sie rechtlich beraten!“ Im Fall von Herrn Meier ergab das Widerspruchsverfahren dann einen GdB von 60. Schlichtweg waren dem Landesamt für Soziales, viele Unfallfolgen und somit Fakten gar nicht bekannt gewesen. Dies führte dann zu einer höheren Einschätzung des GdB.
Einschätzung des GdB ist nicht leicht
Das mit dem GdB ist auch nicht ganz so einfach. Das Unfallopfer muss zunächst einmal eine Behinderung über 6 Monate haben. Um als Schwerbehinderter zu gelten, muss dann noch ein GdB von 50 vorliegen. Wie ein GdB einzuschätzen ist, dafür gibt es die sogenannten „Anhaltspunkte“. Aber Vorsicht. Eine Addition von einzelnen GdB-Werten ist unzulässig. Es geht vielmehr um die Auswirkungen der Gesamtbehinderung als „Gesamtwert“ bei der Teilhabe.
Und dann sind da noch die Merkzeichen. Diese ermöglichen dir, soweit du die Voraussetzungen erfüllst, Vorteile in Anspruch zu nehmen.
Weitere Informationen zu den Merkzeichen findest du hier:
Steuern sparen ist möglich
Und auch wenn du keinen GdB von 50 hast, kann das für dich Vorteile bringen. Bei einem GdB von 25 aber unter 50 ist es für dich möglich, einen Freibetrag bei der Einkommensteuer in Anspruch zu nehmen. Frage hierzu deinen Steuerberater.
Bei einem GdB von 30 oder 40 kannst du dich auf Antrag von der Agentur für Arbeit als Schwerbehinderter gleichstellen lassen. Weit verbreitet ist die Auffassung, dass mit dieser Gleichstellung auch früher in die Rente gegangen werden kann. Dies ist aber nicht der Fall. Hier kann erst ab einem GdB von 50 eine Prüfung erfolgen.
Auswirkungen auf deine Arbeit
Alle Vor- und Nachteile einer GdB-Feststellung zu besprechen, würde den Rahmen eines solchen Beitrags sprengen. Deshalb möchte ich für dich abschließend noch kurz auf deine Arbeit oder deinen Schulbesuch eingehen. Jedes Unfallopfer wird aus seinem bisherigen Leben herausgerissen. Sobald die medizinische Rehabilitation abgeschlossen ist, dürfen Reha-Manager und Unfallopfer über das Thema Rückkehr in das Arbeits- oder Schulleben nachdenken. Erstes Ziel ist immer die Rückkehr, bei Erwachsenen, an den alten Arbeitsplatz oder in den bisherigen oder einen anderen Arbeitsbereich.
Ist dies aus Sicht deines Arbeitgebers nicht möglich und bist du gleichgestellt (siehe oben) oder Schwerbehinderter, dann ist eine Kündigung für dein Arbeitgeber nicht leicht. Das Integrationsamt muss einer Kündigung zustimmen. In der Regel prüft es Möglichkeiten, die Weiterbeschäftigung doch noch zu sichern. Erfolgt die Beteiligung des Integrationsamtes nicht, kann ein Formfehler vorliegen.
Du solltest dir hier, wie bei jeder Arbeitsplatzkündigung, auf jeden Fall rechtlichen Rat einholen. Nicht jeder Arbeitnehmer macht dies und muss dann die Folgen tragen. Sollte dein Arbeitgeber dir einen Aufhebungsvertrag vorlegen, solltest du dir als Unfallopfer ebenfalls eine arbeitsrechtliche Beratung einholen. Viele Arbeitgeber versuchen, den Unfallopfern solche Aufhebungsverträge „unterzuschieben“ und bauen sachlichen oder zeitlichen Druck auf. Lass dich hier nicht beirren und fordere Bedenkzeit für dich ein.
Natürlich gibt es weitere viele Möglichkeiten von Vorteilen und Unterstützungshilfen, die sich aus einem GdB erwachsen. Sei es bei deiner Fortbildung, Mobilität, Gestaltung des Arbeitsplatzes, Urlaubsregelungen usw.