Heute stehen die Menschen im Vordergrund, die in der Gesellschaft oft ganz weit außen stehen und häufig nicht nur mit realen äußeren Einschränkungen, sondern auch mit Stigmatisierungen zu kämpfen haben: Rollstuhlfahrer. Es gibt unendlich viele Gründe, wieso jemand im Rollstuhl landet. Ob es eine Krankheit ist, die sich durchs ganze Leben zieht oder schleichend beginnt, ein schrecklicher Unfall oder ein Fehler der Mediziner, der niemals hätte passieren dürfen: Die Betroffenen müssen damit leben. Besonders, wenn es von einem Moment auf den anderen passiert, dass die Menschen ihrer bisher gewohnten Mobilität und anderer physischer Fähigkeiten beraubt werden, ist das nicht selten ein schwerer Schlag. Peer Klausing hat für sich einen Weg gefunden, mit seinem Schicksal umzugehen und davon erzählt er in unserem aktuellen Beitrag.
Peer Klausing ist seit einer gescheiterten Operation teilquerschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Das hat für ihn eine umfangreiche Umstrukturierung seines Lebens bedeutet, aber inzwischen hat er seinen Platz gefunden und ist zu seiner damals noch Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau in die Nähe von Bremen gezogen. Ursprünglich stammt er aus Sachsen. Mit seiner Frau teilt er die Leidenschaft des Tanzens und hat in Bremen beim TanzCentrum Gold und Silber Bremen e.V., einen Ort gefunden, an dem er trotz Rollstuhl die Möglichkeit hat, sich mit anderen Menschen rhythmisch zu bewegen. Es gibt Tanzpaare mit zwei Rollstuhlfahrern aber auch gemischt mit einem Rollstuhlfahrer und einem Fußgänger. Peer Klausing beschreibt, dass dies eine ganz andere Art des Tanzens ist, als die meisten gewohnt sind, weil natürlich keine Beine zur Verfügung stehen, mit denen man Schritte ausführen könnte. Er erklärt, man müsse mehr mit dem Kopf arbeiten, weil die Bewegungsabläufe anders sind.
Welche Art von Rollstuhl benutzt wird, spiele dabei keine Rolle, jeder, der im Rollstuhl sitzt und tanzen möchte, ist zugelassen. Der Rollstuhltanz ist je nach Partner mit verschiedensten Tänzen ausführbar, wie beispielsweise Walzer, Tango, Cha-Cha-Cha oder auch Quickstepp. Peer und seine Frau trainieren ein Mal die Woche, aber es können auch bis zu drei oder vier Mal werden, wenn Turniere anstehen.
Wer im Rollstuhl landet, muss erst lernen, mit der neuen Situation umzugehen, aber wenn der Punkt kommt, wo es Zeit wird nach Angeboten zu suchen, ist es oft schwer, sich richtig zu informieren und zu erfahren, was es tatsächlich alles für die eigene Situation gibt. Dabei gibt es viele Netzwerke, bei denen man sich informieren kann oder auch Vereine, die Hilfe und Aktivitäten anbieten.
Als Beispiel nennt hier Jörg Dommershausen einen Verein, der sich erst kürzlich in Bremen gebildet hat, „Leben mit Schädel-Hirn-Trauma“, oder das Neuro-Netzwerk Weser-Ems. Zusätzlich zu einer guten Vernetzung innerhalb der Gemeinschaft der Rollstuhlfahrer ist es für Betroffene auch wichtig, in Kontakt zur Welt zu bleiben und Peer Klausing ist es gelungen, die Inklusion, von der so viel gesprochen wird, tatsächlich zu leben: Vor kurzem nahm Peer mit seiner Frau am Breitensporttunier für Rollstuhltanz bei den Hannoversche Tanzsporttage teil und erzielte mit ihr den dritten Platz. Auch zu den DanceDaysBerlin reisten sie quer durch Deutschland. Im September geht es für die Beiden nach Duisburg zum Tanzeninklusiv Festival.
Im Imagefilm der Rollstuhltanzgruppe des TanzCentrum Gold und Silber Bremen e.V., kannst du dir einen kleinen Einblick verschaffen, wie ein Rollstuhltanz aussieht.
Peer macht in seiner Freizeit neben dem Rollstuhltanz noch die Kampfsportart Taekwondo beim TV Heiligenloh. Als einziger Rollstuhlfahrer unter Fußgängern. Peer Klausing zeigt ein hervorragendes Beispiel, wie man als Rollstuhlfahrer das Beste aus seiner Situation machen, nah am Leben und fit bleiben kann.