Folge 098: Kinderneurologie – oft versteckte Schädigungen

Eine Schädigung des Gehirns kann unterschiedlichste Ursachen haben. Nicht immer ist eine Hirnfunktionsstörung sofort zu erkennen, was insbesondere für in der Entwicklung befindliche Kinder zutrifft.Dennoch ist sofortige Hilfe wichtig, denn sich erst später, oft schleichend bemerkbar machende Veränderungen werden häufig nicht mehr auf die Ursache zurückgeführt.

Frau Gertrud Wietholt, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Kinderneurologiehilfe e.V. mit Sitz in Münster, erklärt, worauf Eltern und Erzieher achten können und welche Unterstützung der gemeinnützige Verein leistet.

Sofortige Maßnahmen

Im Idealfall wird die Kinderneurologiehilfe direkt von der Klinik informiert. Zunächst werden Diagnose und Behandlungsverlauf näher betrachtet. Nicht immer sind an der behandelnden Klinik Neuropsychologen tätig, die Erfahrungen speziell mit kindlichen Schädel-Hirn-Traumen haben, was sich gerade bei leichten und mittelschweren Schädigungen als problematisch erweisen kann.

Die Kinderneurologiehilfe unterstützt sofort auf dem weiteren Weg: „Wir würden ein Team vor Ort um das Kind zusammenstellen. Dazu gehören Logopäden, Ergotherapeuten und Neuropsychologen„. Weiterhin erfolgt eine Kontaktaufnahme zum Kindergarten oder der Schule, um über mögliche Folgen aufzuklären. Gegebenenfalls wird auch die Weiterbehandlung in einer Reha-Klinik eingeleitet.

Aufklärung der Eltern und Erzieher

Eventuell benötigt das Kind eine Schonzeit – schließlich hatte es einen längeren Krankenhausaufenthalt hinter sich und soll sich regenerieren können. Vor allem Schulen tun sich jedoch häufig schwer, Ratschläge von außen anzunehmen. Frau Wietholt führt dies auf Unwissenheit zurück, denn eine eventuell auftretende Problematik ist nicht pädagogischer Natur: „Nichts ist fataler, als wenn die Veränderungen nachher pädagogisiert werden“, warnt die Expertin. Eltern und Erzieher werden daher aufgeklärt, auf was sie achten müssen, welche Veränderungen möglich sind, und dass sich solche meist im Laufe der folgenden Monate mit den Entwicklungsschritten des Kindes zeigen.

Entwicklung betroffener Kinder

Das Kind soll erst einmal wieder in seinem Alltag ankommen. Anfangs machen sich Eltern und Erzieher kaum Gedanken, wenn sich alles noch etwas langsam gestaltet. Nach einiger Zeit stellt sich jedoch die Erwartungshaltung ein, dass sich nun alles wieder normalisieren müsse. Allerdings entwickeln sich Veränderungen oder Folgeschäden gerade bei jüngeren Kindern prozesshaft, die Kinder wachsen quasi in die Probleme hinein: „Das Problem, das sich entwickelt hat, ist kein pädagogisches Problem, wird aber zu einem pädagogischen Problem, wenn man die eigentliche Ursache“, eine vorliegende Hirnfunktionsstörung nicht erkennt, weiß Gertrud Wietholt.

Zu häufigen, sich oft nach sechs bis neun Monaten einstellenden Veränderungen aufgrund einer Hirnfunktionsstörung können  unter anderem ein gestörtes Sozialverhalten, damit einhergehend der Verlust des Freundeskreises, das Meiden bestimmter Situationen, Antriebsschwäche, gehören. Es können sich aber auch Veränderungen der Geschmackswahrnehmung oder Schlafstörungen zeigen.

Im Laufe der Zeit steigen die Anforderungen an das Kind wieder, während sich konträr dazu Auffälligkeiten zeigen. Aufgrund des verzögerten Auftretens und der daraus folgenden Missverständnisse bezeichnet sie vor allem Kinder mit leichter und mittelschwerer Hirnfunktionsstörung als Sorgengruppe. Oft erfolgt hier keine Kontaktaufnahme über die Klinik, sondern erst Monate später durch die Eltern.

Um eventuelle Problematiken frühzeitig zu erkennen, erhalten Eltern einen in Kooperation mit Studiengruppen entwickelten Beobachtungsbogen, in welchem sie selbst kleine Auffälligkeiten notieren sollen. Anschließend erfolgt regelmäßig eine Kontaktaufnahme durch die Kinderneurologiehilfe, um eventuelle Probleme so früh wie möglich zu erkennen.

Links zur Sendung:

https://www.kinderneurologiehilfe.de

http://www.hannelore-kohl-stiftung.de

http://www.schuetzdeinenkopf.de

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