05.01.2023 Erstgespräch mit Folgen

Manchmal fragt man sich im Reha-Management, warum Menschen nach schweren Unfällen nicht vorankommen. Führt man dann ein Erstgespräch wird schnell klar, dass das deutsche Sozialversicherungssystem ein großes Problem hat. Ganz konkret geht es um eine ehemalige Motorradfahrerin, die sich eine schwere Verletzung im Bereich einer oberen Extremität mit späterer Entwicklung einer CRPS-Erkrankung zugezogen hat.

Den vorliegenden Berichten ist zu entnehmen, dass die CRPS-Erkrankung erst später entdeckt wurde. Und danach, so berichtet das Unfallopfer im ersten Gespräch, hat niemand wirklich die Führung und Organisation der Heilbehandlung vorgenommen. Mit der Diagnose CRPS hat sich die Betroffene mit ihrer Ehefrau im Internet schlau gemacht und nach möglichen Reha-Kliniken und Behandlungsmöglichkeiten Ausschau gehalten.

Was folgt ist eine unkoordinierte Vorstellung in verschiedensten Kliniken und bei Ärztinnen und Ärzten. Etwas über ein Jahr nach dem Unfall ist die Situation weiter unklar und der Betroffene ist nicht weiter gekommen.

Im Gegenteil. Je mehr Ärzte beteiligt wurden, umso mehr Schmerzmittel bis hin zu Morphine wurden verschrieben.

Hinzu kommt, dass es auch einige „Programmierung“ von Therapeutinnen und Therapeuten und Ärztinnen und Ärzte gegeben hat. Ein solcher Satz war zum Beispiel „Sie müssen damit noch Jahre leben“. Diese Aussage bezog sich allerdings nicht auf die CRPS-Erkrankung.

Vereinbart wurde die Frage der einzelnen Unfallfolgen strukturiert und geplant im Sinne zweiter Meinungen zu klären.

Denn das Gespräch gibt ebenfalls her, dass wichtige Maßnahmen, wie zum Beispiel Röntgenkontrollen, gar nicht durchgeführt wurden. So ist die Situation in einigen Teilbereichen der Unfallverletzungen unklar.

Zur ganzen Situation der fehlenden Reha-Planung kommt auch noch hinzu, dass das Unfallopfer eine Reha-Maßnahme erhalten hat, die nichts brachte. In vier Wochen wurden täglich ein bis zwei Therapieeinheiten durchgeführt und die Betroffene musste an „Seminaren“ teilnehmen, die gar nicht ihrem Erkrankungsbild entsprachen.

Hier wurde insofern weiter Frust beim Unfallopfer produziert und wichtige Ressourcen vergeudet. Die Therapeutinnen und Therapeuten und Ärztinnen und Ärzte der Reha-Klinik waren nicht von einer Umstellung der Therapien zu überzeugen. Im Gegenteil. Es erfolgte immer wieder der „sanfte“ Hinweis, das mitzuwirken sei.

Verständlich ist, dass dies die Betroffene und ihre Ehefrau zermürbt und insofern auch mental erheblich belastet.

Da einige geplante Maßnahmen nicht von der gesetzlichen Sozialversicherung getragen werden, muss sie zunächst erst einmal einen Antrag bei der zuständigen Haftpflichtversicherung gestellt werden. Erst danach ist die Umsetzung der Planungen möglich.